Bundesarbeitsgericht (BAG) lockert das Streikverbot bei kirchlichen Arbeitgebern, bestätigt aber zugleich die Anwendbarkeit des „Dritten Wegs“

Werden bei einem kirchlichen Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen durch eine paritätisch besetzte Kommission ausgehandelt (sog. „Dritter Weg“), so dürfen Gewerkschaften bei diesen Arbeitgebern normalerweise nicht zum Streik aufrufen.  In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht diesen weiterhin anwendbaren Grundsatz weiter konkretisiert.

In dem entschiedenen Fall hatte eine Gewerkschaft bei verschiedenen kirchlichen Arbeitgebern zu Warnstreiks aufgerufen. Die hiergegen gerichtete Klage der Arbeitgeber wurde damit begründet, dass das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen aus dem Grundgesetz und der Weimarer Reichsverfassung den kirchlichen Arbeitgebern ermögliche, die Arbeitsbedingungen der beschäftigten Arbeitnehmer statt durch Tarifverträge durch ein am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichtetes Schlichtungsverfahren auszugestalten („Dritter Weg“).  Eine solche Entscheidung schließt Warnstreiks zur Erzwingung von Tarifvertragsverhandlungen aus.

Demgegenüber leitete die zum Streik aufrufende Gewerkschaft ihr Arbeitskampfrecht aus der grundgesetzlich garantierten Koalitionsfreiheit ab, die dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gleichrangig ist.

Das BAG bestätigte in seiner Entscheidung grundsätzlich den Vorrang des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, knüpfte dies jedoch an ergänzende Voraussetzungen. Erforderlich ist danach, dass:

1    sich die Gewerkschaften im Rahmen des „Dritten Weges“ noch koalitionsmäßig betätigen können,

2.   die auf dem „Dritten Weg“ vorgenommene Arbeitsrechtssetzung für die Dienstgeber verbindlich ist und

3.   die vereinbarten Arbeitsbedingungen als Mindestarbeitsbedingungen allen Arbeitsverträgen zugrunde gelegt werden.

In dem entschiedenen Fall hatte dies zur Folge, dass die Aufrufe zu Warnstreiks zulässig waren, da die Arbeitgeber zwischen verschiedenen Arbeitsrechtsregelungen des Dritten Wegs wählen konnten und es somit an der erforderlichen Verbindlichkeit fehlte.

Das BAG stellte dabei auch heraus, dass es aufgrund der ersten Voraussetzung erforderlich ist, dass die Gewerkschaften künftig organisatorisch in das Verfahren des „Dritten Wegs“ eingebunden werden.

BAG Urteil v. 20.11.2012, Az.: 1 AZR 179/11

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